Eine barrierefreie Schrift ist besonders gut für Menschen mit Sehschwäche oder Lesestörungen wie Legasthenie geeignet.
Eine barrierefreie Schriftart zeichnet sich durch klare Linien aus, die es einfach machen, Buchstaben und Wörter zu erkennen. Zum Beispiel sieht ein grosses “I” nicht wie die Zahl “1” aus.
Warum barrierefreie Schriften?
Kurz und knapp: Weil du es so allen Menschen einfacher machst, deine Texte zu lesen.
Denn immerhin sind 10 % der Bevölkerung von einer Legasthenie (Lese-Rechtschreibstörung) betroffen. Das sind Millionen von Menschen, denen du es einfacher machen kannst, deine Website zu nutzen. Einfach, indem du eine gut leserliche Schrift wählst.
Gleichzeitig hilfst du damit allen Website-Besuchern.
Denn auch Menschen, die keine Sehschwäche haben, profitieren davon. Beispielsweise, wenn sie deine Texte bei schlechten Lichtverhältnissen lesen.
Zur Website des Legathenie-Verbandes
Warum viele Schriften für Menschen mit Sehschwäche schwierig zu lesen sind
Leider sind die meisten Schriften bisher nicht so gestaltet worden, dass sie besonders gut leserlich sind.
Ich zeige dir hier fünf Probleme auf die Menschen mit Sehschwäche oder anderen Lesestörungen immer wieder stossen.
Imposter – Zeichen und Zahlen sehen fast gleich aus
Hierbei geht es um Buchstaben, die wie andere Zeichen aussehen. Zum Beispiel sieht das grosse “I” aus wie die Zahl “1” oder das kleine “l” wie das grosse “I”. Das macht das Lesen auch für Menschen ohne Einschränkungen schwierig.
Buchstaben die fast geschlossen sind
Für Menschen mit Sehbehinderungen sind die Buchstaben c, e und o schwer zu unterscheiden, wenn das c oder e fast wie ein geschlossener Kreis aussieht.
Spiegelungen – Zahlen und Zeichen die gespiegelt gleich aussehen
Das betrifft vor allem die Buchstaben „d“ und „b“ oder „p“ und „q“ sowie die Zahlen „6“ und „9“, können schwierig zu erkennen sein. Viele Schriften sind so gestaltet, weil Designer Wert auf ein einheitliches Aussehen legen.
Leider erschwert das das Lesen für Menschen mit Legasthenie.
Strichstärken verändern sich stark.
Das belastet die Augen und es erfordert mehr Konzentration, solche Schriften zu lesen. Für Menschen mit Dyslexie (Leseschwierigkeit) wird es dadurch auch schwieriger, die Buchstaben auseinanderzuhalten.
Crowding-Effekt – Enger Buchstabenabstand
Dieses Problem tritt vor allem auf, wenn ähnliche Buchstaben, wie „r“ und „n“, direkt hintereinander stehen. Dann kann es schnell so aussehen, als wäre es ein „m“.
Je kleiner die Schrift ist, desto grösser das Hindernis. Besonders betroffen sind Menschen mit eingeschränkter Sehschärfe.
Welche Schrift lässt sich am besten lesen?
In den 5 Beispielen hast du schon gesehen, worauf du achten musst, wenn du eine barrierearme Schriftart für deine Website auswählen willst.
Natürlich gibt es mittlerweile auch einige barrierefreie Fonts. Auch kostenlos bei Google.
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Barrierefreie Google-Schriftarten
Google bietet verschiedene Schriftarten an, die barrierefrei oder zumindest barrierearm sind.
Zum Beispiel die Schriftart «Inclusive Sans»:
Wie du siehst, ist hier zum Beispiel ein Punkt in der Null, damit es sich klar vom grossen O unterscheidet.
Du wirst aber auch noch andere Schriften finden, die viele der wichtigen Punkte berücksichtigen und damit zumindest ausreichend barrierefrei sind.
Zum Beispiel:
Atkinson Hyperlegible Font – besonders gut leserlich
Auch das ist eine Schrift, die du direkt bei Google Fonts herunterladen kannst.
Die Atkinson Hyperlegible wurde extra entwickelt, um Menschen mit Sehbehinderungen das Lesen zu erleichtern. Sie stammt vom Braille Institute und wurde in Zusammenarbeit mit der Designagentur Applied aus New York gestaltet. Ihren Namen verdankt sie J. Robert Atkinson, dem Gründer des Braille Institute.
Die Schrift ist perfekt für alle, die eine gut lesbare Schriftart brauchen – besonders für Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen. Ihr klares Design und die deutliche Unterscheidung der Buchstaben sorgen dafür, dass Texte leichter zu lesen sind und barrierefreier werden.
Lexend
Auch das ist eine Schrift, die du direkt bei Google Fonts herunterladen kannst.
Die Lexend gilt laut Studien als besonders gut leserlich. Deshalb nutze ich sie nun auch auf meiner Website für den Fliesstext. Das heisst, du liest diesen Text gerade in Lexend.
Weitere wichtige Kriterien für barrierefreie Typografie
Die Font-Auswahl ist die Grundlage für barrierefreie Texte. Aber natürlich gibt es noch etliche weitere Punkte, die beachtet werden sollten.
Kontrast der Schrift zum Hintergrund
Ein klarer Kontrast zwischen der Schriftfarbe und dem Hintergrund macht einen riesigen Unterschied, wenn es um Barrierefreiheit und Lesbarkeit geht.
Deshalb hat die WCAG (Web Content Accessibility Guidelines) auch klare Regeln dafür erlassen. Ob der Kontrast ausreicht, kannst du mit dem Tool von leserlich.info testen. So stellst du sicher, dass auch Menschen mit einer Sehschwäche deine Texte gut lesen können.
Zu den Web Content Accessibility Guidelines
Zum Tool von leserlich.info
Dark Mode
Immer häufiger sieht man Apps oder auch Websites im sogenannten «Dark Mode». Also dunkler Hintergrund mit weisser Schrift. Das kann tatsächlich für einige Menschen den Text leserlicher machen. Aber andere, zum Beispiel Menschen, die an einer Hornhautverkrümmung leiden, wie ich, haben mehr Mühe diese Texte zu lesen.
Das merke ich bei mir selbst auch immer wieder. Überlege dir also gut, ob das bei deiner Website Sinn macht, denn in Europa sind immerhin zwischen 30 bis 60 % der Bevölkerung von einer Hornhautverkrümmung betroffen.
Zum Wikipedia-Eintrag über Hornhautverkrümmung
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Die Strichstärke: Ein entscheidender Faktor für die Lesbarkeit
Die Strichstärke einer Schriftart, also wie dick die Linien der Buchstaben sind, beeinflusst stark, wie gut wir sie lesen können.
Zu dünne Striche:
- Wenig Kontrast: Dünne Striche können auf dem Bildschirm oder bei schlechtem Licht verschwimmen.
- Buchstaben-Wirrwarr: Buchstaben, die sich ähnlich sehen, wie „l“ und „I“, werden bei dünnen Linien noch schneller verwechselt.
Bei zu dünnen Linien müssen wir uns sehr stark konzentrieren, um die feinen Linien zu erkennen. Das macht müde.
Zu dicke Striche:
- Verschwommen bei kleinen Grössen: Wenn die Schrift klein ist, können dicke Buchstaben ineinanderlaufen. Dann sieht man nur noch eine Buchstaben-Suppe.
Du siehst: Ideal sind Schriften mit mittleren Strichstärken.
Ausreichende Schriftgrösse
Es gibt leider keine perfekte Schriftgrösse, die für alle Schriftarten und jeden Menschen gilt. Wichtig ist, dass die Schriftgrösse vom Nutzer angepasst werden kann. Deshalb sollten Schriftgrössen auch nicht in px, sondern in rem angegeben werden.
Ich empfehle dir jedoch, mindestens 18px (also 1.125 rem) zu wählen, um auf der sicheren Seite zu sein.
Ausreichend Zeilenabstand
Wenn die Zeilen zu dicht aufeinander sind, wird es schnell anstrengend den Text zu lesen. Die Buchstaben vermischen sich und es braucht viel Konzentration, um den Text zu entziffern.
Deshalb: Lass genug Luft zwischen den Zeilen, damit das Lesen entspannt bleibt!
Barrierefreie Schriften: Antworten auf die häufigsten Fragen
Welche Rolle spielt die Schriftgrösse für die Lesbarkeit?
Je kleiner die Schrift, desto mehr musst du dich anstrengen. Besonders Menschen mit Sehschwäche oder ältere Leser tun sich dann schwer. Eine zu kleine Schrift kann sogar dazu führen, dass Texte gar nicht gelesen werden. Darum: lieber eine Nummer grösser – und am besten so, dass Nutzer die Grösse selbst anpassen können (z. B. mit rem statt px).
Wie wirken sich Farben und Kontraste auf die Schriftlesbarkeit aus?
Hellgrau auf Weiss mag schick aussehen, ist aber für viele Augen eine Zumutung. Gute Lesbarkeit braucht starken Kontrast: Dunkle Schrift auf hellem Hintergrund oder umgekehrt. Auch für Menschen ohne Sehschwäche ist das angenehmer. Testtools wie der Kontrastrechner helfen dir, das zu prüfen.
Sind Serifen-Schriften grundsätzlich schlechter lesbar?
Nicht unbedingt – aber im Web meistens schon. Vor allem in kleinen Grössen oder auf mobilen Geräten wirken Serifen schnell unruhig. Barrierearme Websites setzen deshalb oft auf serifenlose Schriften (Sans-Serif), weil sie klarer und gleichmässiger wirken.
Welche Schriftarten gelten als barrierefrei bzw. besonders barrierearm?
Es gibt keine offizielle Liste, aber einige Schriften wurden gezielt für mehr Lesbarkeit entwickelt. Dazu gehören zum Beispiel Lexend, Atkinson Hyperlegible oder Inclusive Sans. Auch Fira Sans, Signika oder Nunito Sans schneiden gut ab. Wichtig ist, dass die Buchstaben klar unterscheidbar sind – vor allem 1, l, I, 0 und O.
Warum ist der Zeilenabstand bei Schrift wichtig?
Wenn die Zeilen zu dicht aneinanderkleben, wird der Text zur Textwand. Besonders Menschen mit Leseschwierigkeiten verlieren dabei schnell die Orientierung. Ein ausreichender Zeilenabstand schafft Luft zwischen den Zeilen und sorgt dafür, dass das Auge leichter von einer zur nächsten springt. Faustregel: Zeilenhöhe = ca. 1.5-fache Schriftgrösse.Wenn die Zeilen zu dicht aneinanderkleben, wird der Text zur Textwand. Besonders Menschen mit Leseschwierigkeiten verlieren dabei schnell die Orientierung. Ein ausreichender Zeilenabstand schafft Luft zwischen den Zeilen und sorgt dafür, dass das Auge leichter von einer zur nächsten springt. Faustregel: Zeilenhöhe = ca. 1.5-fache Schriftgrösse.
Wie erkenne ich welche Schrift auf einer Website ist?
Dazu kannst du Browser-Erweiterungen wie „WhatFont“ oder die Entwicklertools (Rechtsklick → „Element untersuchen“) nutzen. So findest du schnell heraus, welche Schriftfamilie auf einer Website verwendet wird. In meinem Artikel Schriftarten erkennen zeige ich dir wie du vorgehst.
Wie finde ich eine schöne Schrift für meine Website?
Die richtige Schrift unterstützt deine Inhalte, wirkt stimmig zu deiner Zielgruppe und bleibt gut lesbar – auf allen Geräten. Frag dich: Was willst du ausstrahlen? Was brauchen deine Leserinnen?
Viele Tipps bekommst du im Artikel: Schöne, lesbare Schriftarten für deine Website auswählen. Viele barrierefreie und schöne Schriften findest du bei Google. So nutzt du die Schriften von Google.
Fazit:
Schriften sind ein wichtiges Kriterium für barrierefreie Websites – vor allem, weil viele Menschen eine Sehschwäche haben. Und je älter die Bevölkerung wird, desto mehr Menschen sind davon betroffen.
Ich selbst habe seit meiner Kindheit mit einer ziemlich starken Hornhautverkrümmung und kann dir aus eigener Erfahrung sagen: Kleine Schriften können verschwimmen und sind so nur noch sehr mühsam zu lesen. Und jetzt, wo ich älter werde, freue ich mich jedes Mal, wenn die Schrift etwas grösser ist – trotz Brille!
Aber wie du gesehen hast, ist es wirklich kein Hexenwerk, barrierefreie Schriften auszuwählen und so einen kleinen Beitrag zur digitalen Barrierefreiheit zu leisten. Besonders, wenn bei dir ein Relaunch ansteht oder du deine Website gerade baust, lohnt es sich, auf inklusives Design zu setzen.
Und keine Sorge, ich habe noch mehr Lesestoff zum Thema inklusive Gestaltung in der Pipeline – es bleibt spannend!
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Nicole
Ein toller, sehr hilfreicher Beitrag, Dankeschön! Deinen Newsletter habe ich gerade abonniert!
Claudia Barfuss
Hallo Nicole, danke dir vielmals für dein tolles Feedback und ich freue mich, dich in meiner Newsletter-Communitiy begrüssen zu dürfen.
Natalie Schilling
Vielen Dank, Claudia, für diesen inspirierenden Blogartikel! Dank der vielen Beispiele konnte ich die Unterschiede und Wirkungen sehr gut erkennen.
Claudia Barfuss
Danke Natalie, das freut mich natürlich sehr. Es ist so ein spannendes Thema.
Gabriele Sauerland | communicanis
Danke Claudia für diesen sehr interessanten und hilfreichen Beitrag. Die Barrierefreiheit rückt mehr in den Vordergrund, das ist gut, obgleich für uns alle mit viel Arbeit verbunden, für alle Betroffenen aber sicher sehr wichtig.
Mich würde interessieren, wie Betroffene es sehen, was sie sich wünschen.
Claudia Barfuss
Liebe Gabriele
Ich freue mich, dass dir dieser Beitrag gefallen hat. Ich bin im Austausch mit einer Betroffenen und das ist sehr spannend. Das ganze Thema betrifft tatsächlich uns alle. Stell dir nur vor, du hast einen gebrochenen Arm und kannst die Maus nicht mehr nutzen. Oder du leidest unter dem grauen Star und Buchstaben verschwimmen leicht. Deshalb finde ich das Thema so faszinierend, denn es stellt die Nutzer der Website noch stärker in den Fokus.